Wie funktioniert Hypnose / Hypnotherapie?

Der Begründer der modernen Hypnotherapie, Milton Erickson (USA 1901 – 1980), dessen Biografie übrigens sehr bemerkenswert ist, wurde einmal befragt, wie viel er in seinen Sitzungen tatsächlich hypnotisiert. Seine Antwort war: Höchstens 20%, immer weniger.

Die Geschichte der Hypnose

Er erkrankte in jungen Jahren an Polio, so dass er lange an den Rollstuhl gefesselt war. Später bezeichnete er diese Phase seines Lebens als den Entwicklungsstart der Hypnotherapie. Zweifelsohne war er ein sehr besonderer Mann, der seine Patienten niemals aufgab und durch die hohe Fähigkeit der Beobachtung über eine tiefe Menschenkenntnis verfügte. Er konnte viele Probleme seiner Klienten nutzen, um daraus unmittelbar eine Lösung zu kreieren. Hierzu ein Beispiel: Eine junge Patientin kam zu ihm und klagte über ihre Beziehungsprobleme, für die sie fast ausschließlich die Zahnlücke zwischen den beiden Frontzähnen verantwortlich machte. Sogar an ihrem Arbeitsplatz ignorierten sie ihre Kollegen, erzählte sie. Falls sich das nicht bald ändern würde, bringt sie sich um.

Erickson blieb ruhig und forderte sie auf, mit ihm zu einem Wasserbrunnen zu gehen, der in der Nähe war. Er bat sie, einen Schluck zu nehmen und forderte sie auf, einen Wasserstrahl durch die Zahnlücke auf einen bestimmten Punkt zu richten. Zielsicher traf sie genau den Punkt. Sie hatte das früher beim Schwimmen oft geübt. Er forderte sie nun auf, den Kollegen, der mit ihr im Zimmer arbeitete, mit einem solchen Wasserstrahl zu treffen, sobald sich eine geeignete Gelegenheit bot. Danach sollte sie sich einfach umdrehen und weggehen. Um die Geschichte abzukürzen: Sie heiratete ihren Kollegen etwas später und die Zahnlücke war „schuld“ daran. Zu diesem Fall würde Erickson sagen, er habe 100%ig hypnotherapeutisch gearbeitet, aber keine Hypnose gemacht.

Was machen Hypnotherapeuten?

Hypnotherapeuten können fast alles nutzen, was der Klient als störend betrachtet. Überall stecken Lösungsidden, denn es gibt immer zwei Seiten der Medaille. Man muss sie nur erkennen und fähig sein, sie zu fokussieren. So hatte Ericksons Patientin auch schon einmal viel Spaß mit ihrer Zahnlücke. In anderem Zusammenhang bewertete die Patientin die Zahnlücke als so störend, dass sie sich das Leben nehmen wollte. Hypnotherapeuten lieben es, gemeinsam mit ihren Klienten, die zweite Seite der Medaille zu suchen. Es kommt dabei immer auf den Zusammenhang an. In unterschiedlichen Kontexten bekommt ein und das Selbe plötzlich unterschiedliche Bedeutungen. Die Bedeutungsgebung findet ausschließlich im Klienten statt. Durch die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf das Ungewünschte entsteht eine Problemtrance. Hypnotherapie strebt Lösungstrancen an. Denn Trance ist nichts anderes ist als Aufmerksamkeitsfokussierung auf ein gewünschtes Erleben – statt ein Ungewünschtes. Raus aus der Problemtrance, also dem täglichen, oft zermürbenden, von unangenehmen Gefühlen begleitetem Denken, das sich wie ein Einfräsen in unser Gehirn anfühlt. Das ist oft schwer genug, aber dort ist die Lösung.

Hypnotherapie ist einfach und doch schwer. Denn unbewusste Prozesse, also Emotionen und damit verbundene Handlungen passieren oft so schnell, dass wir zunächst der Meinung sind, darauf keinerlei Einfluss zu haben. Diese Meinung ist leider weit verbreitet, aber völlig falsch. Die moderne Hirnforschung hat das schon längst widerlegt.

Das Team Therapeut/Klient begibt sich – oft unter Zuhilfenahme von Bildern – auf die Suche nach einer Lösungstrance. Je ungewöhnlicher und phantasievoller sie ist, umso besser wird das Gehirn darauf reagieren. Unser Gehirn hat am meisten Spaß, wenn wir ihm Absurdes anbieten. So lernt es am besten. Eselsbrücken sind dafür ein gutes Beispiel. In der Hypnotherapie geht es um nichts anderes als das Lernen bzw. Umlernen von Bewertungsmustern. So weit, dass der Ex Soldat (s. o.) das Knallen des Auspuffs zumindest neutral und nicht als mehr als lebensgefährlich einstuft. Denn Erfahrungen, sprich Erlerntes ist niemals löschbar. Mit keiner Therapie der Welt. Gottseidank, denn sonst wäre unser Unbewusstes nicht ein so großer Lösungsspeicher!

Die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Ein Beispiel aus den Alltag: Es gab einmal eine Zeit vor einigen Jahren, da waren weiße Autos sehr gefragt. Ein einziges Mal habe ich diese Information den Medien entnommen. Irgendwie blieb sie bei mir hängen. Ab diesem Moment habe ich, zumindest kommt es mir so vor, „plötzlich, wie aus den Nichts“, deutlich mehr weiße Autos gesehen. Ich habe mich halb im Scherz gefragt, ob über Nacht alle weißen Autos verkauft wurden. Aufmerksamkeit ist Fokussierung; das ist Trance.

Man befreit sich selbst aus dem sich manchmal wie ein Gefängnis anfühlenden Denkmustern. Seltsamerweise verändert sich dann auch unsere Umwelt. Ändern wir das innere System (Denken, Überzeugungen und damit Verhalten), ändert sich zwangsweise das Äußere. Allerdings gilt es im Auge zu behalten, welche Auswirkungen Veränderungen haben. Dies ist der systemische Aspekt der Hypnotherapie (siehe: Das besondere an meiner Therapie). Hypnotherapie ist m. E. ohne systemischen Ansatz nicht halb so wirkungsvoll.

Wir Hypnotherapeuten hören immer mit mindestens zwei Ohren und einem Auge zu. Das eine Ohr folgt dem, was der Klient erzählt, das andere ist damit beschäftigt, gemeinsam mit dem Auge Ressourcen aufzuspüren. Winzige Botschaften in der Veränderung der Stimme, Haltung, Gestik Mimik, Gesichtsfarbe etc. können versteckte Hinweise auf Kompetenzen des Klienten sein, die wir dann heraus arbeiten und nutzen können. Zum Beispiel Mut. Ein Klient klagte über mangelnden Mut, den er eigentlich bräuchte, um eine bestimmte Situation zu klären. Ich habe ihn gebeten, mit zu sagen, ob es schon mal eine Situation gab, in der er mutig war. Zu Beginn war es noch etwas holprig, aber je länger er nachdachte, umso mehr seins Mutes fiel ihm ein. Plötzlich begriff er, über wieviel Mut er eigentlich verfügte. Bei der nächsten Sitzung hatte er die Situation geklärt und erzählte mir, dass er vor und während der aktuellen Klärung an seine mutigen Situationen in der Vergangenheit dachte. Es gab ihm ein gutes Gefühl schon oft mutig gewesen zu sein. Dies ist unter dem Begriff „Ressourcentransfer“ zu verstehen. Seit mehreren Jahren gibt es zahlreiche Forschungen zum Thema Ressourcen und Resilienz.

Jede Art von Gefühl spielt in der Hypnotherapie eine große Rolle. Gefühle sind die Sprache unseres Unbewussten. Der Körper ist die Bühne unserer Gefühle, sagte Antonio Damasio. Und die gute Nachricht: der Körper ist immer dabei! Körper, Seele und Geist sind nicht zu trennen. Mit Gefühlen sind keine Sensationen gemeint, sondern die oft ganz kleinen Gefühle, die wir nicht beachten wollen oder können. Sie können uns sagen, was von den Lösungsvorschlägen für jeden von uns passend oder unpassend ist. Unser Körper ist das Organ, das fühlt. Ich beispielsweise bekomme bei meinen Klienten manchmal ein Kribbeln an den Fußsohlen, wenn etwas Wichtiges im Gange ist. Das erinnert mich daran, besonders aufmerksam zu sein. Wie ein eingebauter Wecker.

Ein Beispiel zu Gefühlen: Eine Klientin zittert immer dann, wenn sie die Feinmotorik ihrer Hände benutzt und sich dabei beobachtet fühlt. Bekommt sie beispielsweise ein Glas Wasser gereicht, kann sie es beim Annehmen nicht vermeiden zu zittern. Das hat zur Folge, dass sie das Wasser oft verschüttet. Sie ist der Meinung, dass dies registriert wird und man sie für gestört oder krank hält. Diese Gedanken sorgen dafür, dass das Symptom des Zitterns immer schlimmer wird. Ich habe ihr zunächst geraten, in derartigen Situationen eine Art Zeitlupe zu nutzen, in der sie in deutlicher Langsamkeit das Glas annimmt. Dies war einige Zeit wirksam, dann wurde das Zittern allerdings wieder schlimmer. Ich fragte sie, was ihr noch als Lösung einfallen könnte, denn die erste Lösung die von mir angeboten wurde, war nicht optimal. Sofort kam die Antwort: Ich weiß es nicht. Was halten Sie davon, wenn wir beide für einige Minuten nachdenken, was hilfreich sein könnte, egal was es ist. Ich blieb still und konnte förmlich beobachten wie sie nach Lösungen in ihrem Gehirn suchte. Plötzlich kam es wie aus der Pistole geschossen: Ich mache vorher eine Wellenbewegung mit meiner Hand. Dabei lächelte sie. Ich fragte sie, ob sie ihr Lächeln bemerkt hat. Ja, antwortete sie, jetzt da sie mich darauf hinweisen, es fühlt sich ganz gut an. Wir erörterten noch wie die Welle in der Realität handzuhaben wäre und sie konnte es nicht erwarten, ihre eigene Lösung auszuprobieren. Ob sie zittert oder nicht konnte sie in der nächsten Sitzung nicht beantworten, denn sie ist dabei die Wellenbewegung zu perfektionieren, was ihre volle Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt.

Noch ein Beispiel zu Hypnose: Eine ältere Dame, konservativ, alleinstehend, wohnt in dem kleinen Haus ihrer Eltern, traut sich nicht in den Dachboden, da sie unter Spinnenphobie leidet. Sie hat sich schon mehrfach hypnotisieren lassen, aber es hat nie funktioniert. Sie wäre nicht hypnotisierbar. Ich bin die letzte Chance, wenn es jetzt nicht zur Angstfreiheit führt, gibt sie auf. Mir war klar, dass ich alles andere tun sollte, als eine Bemerkung die das Wort Entspannung oder Trance beinhaltet. Ich fragte sie also, ob es sich nicht vermeiden ließe, in unters Dach zu gehen. Das verneinte sie vehement, denn wenn die Spinnen nicht wären, wäre dies auf Grund vieler positiver Erinnerungen ihr Lieblingsort im ganzen Haus. Sie schickt ihre Zugehfrau zweimal wöchentlich hinauf, um alle Spinnen und deren Verstecke zu beseitigen aber irgendwoher kann ja immer noch eine kommen. Das würde sie nicht aushalten. Wir sprachen einige Zeit über den Dachboden, wie er aussieht, welche schönen Erinnerungen es gibt und wie das schlimmste Spinnenszenario aussieht, was für die Anerkennung der Angst sehr wichtig ist. Schließlich fand sie eine Lösung, nachdem ich sie darum bat.

Ich bat sie, mir die Lösung genau zu beschreiben. So als ob sie sie vor sich sähe, wie sie als eine andere Person im Speicher ist, welche Bewegungen sie macht, was anders ist usw. Auf die Lösungsdetails will ich nicht näher eingehen. Was allerdings am Ende unserer kurzen Zusammenarbeit bemerkenswert war: Sie bedankte sich und erwähnte, dass wir ja gar keine Hypnose mit Trance und Entspannung und allem, was dazu gehört, durchgeführt haben. Ich erklärte ihr, dass ihre Fähigkeit so gut in Bildern zu denken eine Hypnose nicht erforderlich gemacht hätte und dass die Fokussierung ihrer Aufmerksamkeit völlig ausreichend sei, um den gewünschten Erfolg zu erzielen. Die Trancetiefe ist für den Erfolg der Hypnotherapie nicht ausschlaggebend.

Aber die Wiederholung von in der Therapie gefundenen Lösungstrancen trägt maßgeblich zum Erfolg bei. Alternativen zur Problemtrance, die bei Klienten vorherrschen sollten in den Alltag mehrfach für einige Sekunden eingebaut werden. Ab und an für mehrere Sekunden eine Lösungstrance ist hilfreich. Das nennt man Selbsthypnose. Das bedeutet nicht, dass das Problem verschwindet, aber Wahlmöglichkeiten entstehen. Alternativen zur Problemtrance.

Oft sind wir Therapeuten recht kreativ, wenn es darum geht, das gewünschte Ziel zu erreichen. Das bedeutet nicht, dass wir über diese Fähigkeit im Besonderen verfügen. Eher könnte man sagen, dass wir auf Grund des naturgegebenen Abstands zum Problem des Klienten ungehinderten Zugang zu unserer eigenen Kreativität verfügen. Die Lösung liegt aber vor allem im kreativen Unbewussten des Klienten. Hypnotherapeuten helfen den Klienten wieder Zugang dazu zu bekommen. Kreativität und Stress sind Antagonisten, die sich wie zwei Magnete abstoßen.

Der größte Wunsch der Klienten ist meist: Das Problem soll verschwinden! Wir Hypnotherapeuten stellen lieber die Frage: Wohin! Ich will weg aus München – aber wohin?

Abschließend wäre zu bemerken, dass die Frage, wie Hypnotherapie funktioniert, nicht so leicht zu beantworten ist, denn sie ist immer anders, genauso wie jeder Klient anders ist. Sie ist eine sehr intuitive und auf die Individualität des Klienten eingehende Form der Therapie, die dem Unbewussten, den Gefühlen den ihnen gebührenden Platz einräumt. Wenn ich einen Satz sagen müsste, wäre es folgender: Hypnose/Hypnotherapie ist die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf das gewünschte Erleben, also eine Lösung.

Es gibt zahlreiche Tranceinduktionen (das Führen in eine Trance), oft gelingt dies aber auch schon mittels eines Gesprächs, das den Klienten völlig zwanglos und mit Leichtigkeit in den gewünschten Aufmerksamkeitszustand führt.

Es geht nicht um so sehr um das Gelingen, sondern um den Versuch, eine Lösung zum gewünschten Ergebnis zu finden. Sowohl Klient als auch Therapeut sind diesbezüglich in gleicher Weise gefordert. Sie bilden ein gleichwertiges, sich auf Augenhöhe befindliches Team, das nach Lösungen sucht. Das kann auch bedeuten, dass die eine oder andere Lösung zunächst scheitert, weil es nicht die Richtige ist. Aber wir geben nicht auf, solange der Klient nicht aufgibt!

Ich möchte an dieser Stelle unbedingt noch bemerken, dass Hypnose München/Hypnotherapie keine Wunder vollbringen kann. Sie ist eine Form der Psychotherapie, die meinen eigenen Erfahrungen hocheffizient ist. Sie ist aber auch wie andere Therapieformen nicht für jeden Klienten geeignet. Sie erfordert ein sehr hohes Maß an Mitarbeit.